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Im Radio können wir nichts zeigen.
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Wir müssen die Bilder im Kopf kreieren.
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Das ist eine Herausforderung, aber gleichzeitig auch wahnsinnig spannend
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mit Klängen, aber mit einfachsten Mitteln auch:
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Wann setzt man einen Atem an?
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Wie atmet man? Lang?
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Man hört auch im Radio, das weiß man vielleicht nicht,
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aber man hört im Radio, ob jemand lächelt.
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So kann man eine Stimmung transportieren,
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dem Hörer, der Hörerin.
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Das finde ich wahnsinnig fesselnd.
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Man lernt jedes Mal was Neues dazu und man taucht in Welten ein,
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in die ein normaler Mensch in seinem Beruf sonst nie eintauchen könnte.
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Das ist ein großes Geschenk.
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Ich möchte immer die so genannten beiden Seiten zu Wort kommen lassen
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und versuche immer auf Ausgeglichenheit zu achten.
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Dieses Sprechen mit den Menschen ist ganz zentral
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und das muss auch im Journalismus viel mehr wieder zurückkommen,
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dass wir direkt auf die Straße gehen, mit den Menschen reden, ihre Sorgen und Probleme uns anhören.
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Weil die wirklichen Themen liegen sprichwörtlich auf der Straße
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und nicht so sehr in den Presse-, APA- oder Reuters-Mitteilungen.
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Die Themen suche ich mir selber aus.
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Dann kommt mal eine grobe Entwicklung im Kopf.
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Wie könnte man die Geschichte aufziehen?
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Welche Perspektiven? usw. Dann schreibe ich den Pressetext.
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Das ist bei den Langformaten immer ein paar Monate vorher geplant,
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damit Themenvielfalt auch gegeben ist.
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Dann ruht das mal und ich mache die anderen Beiträge, die aktuell sind.
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Dann kontaktiere ich die Interviewpartner und habe immer schon im Kopf,
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wie kann man möglichst vielfältig die verschiedenen Perspektiven abfangen?
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Habe auch schon im Kopf, welche Musik könnte ich unterbringen?
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Welche atmosphärischen Klänge? Was ist spannend?
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So entwickelt sich eine Geschichte. Dann führe ich meine Interviews.
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Vorher lese ich mich in das Thema ein und recherchiere
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und gehe nicht unvorbereitet zu den Interviews, sondern habe meine Fragen schon im Kopf.
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Ich frage immer lieber mehr als zu wenig, weil auch wenn es nicht in den Beitrag kommt
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und ich schreibe später den Text,
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kann ich dann weniger den Fehler machen, dass ich etwas verzerrt wiedergebe,
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weil ich das Detail ja kenne.
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Ich will ein Thema, bevor ich es darlege
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und den Hörerinnen und Hörern präsentiere, selbst begreifen.
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Ich möchte sowohl verstehen als auch begreifen und das Begreifen,
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dieses Atmosphärische, ist ein zentraler Punkt im Radio finde ich.
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Nach den Interviewführ-Prozessen kommt die Durchhörphase,
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wo ich alle Interviews nochmal durchhöre und mir Markierungen mache,
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wo sagt wer was.
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Das ist die mühsamste Phase, weil das habe ich ja alles schon gehört
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und da geht es nur einfach darum, in welcher Sekunde kommt jetzt wirklich dieser OT?
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Ich beginne gleichzeitig auch schon, mir Sätze und Formulierungen,
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die ich verwenden könnte, zurechtzulegen.
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Dann sagt einer einen Ton und mir fällt ein Lied ein
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und ich sage dieses Lied passt perfekt zu diesem OT.
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Deswegen brauche ich diese etwas mühsame Phase auch.
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Dann kommt das Manu-Schreiben.
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Manus, Manuskript schreiben und gleichzeitig,
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während ich das schreibe, schneide ich auch schon die OTs zu,
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Also die Originaltöne. Dann kommt die Produktion.
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Es beginnt damit, dass ich mein Manus, sprich das Manuskript, ausdrucke.
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Vorher die Betonungen auch anstreiche.
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Wenn es lange Sätze sind, muss man auch bedenken, wo atme ich?
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Weil da spricht man,
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kriegt man auf einmal keine Luft mehr und das klingt dann furchtbar.
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Dann kriegen die Zuhörerinnen und Zuhörer vielleicht auch Erstickungsanfälle.
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Nach der Produktion, dann das Mischen, also mit der Musik und allem.
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Die Lautstärken aufeinander anpassen.
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Dann kommt bei mir immer das Kürzen, weil ich immer zu lang bin.
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Herausfordernd im Journalismus ist eigentlich ...
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das größte Problem:
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die prekären Arbeitsbedingungen und Arbeitsverhältnisse.
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Wir freien Journalisten meiner Generation
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werden nicht so gut bezahlt, wie es vielleicht manche glauben mögen
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und sind daher darauf angewiesen, dass wir oft Projekte parallel arbeiten müssen.
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An persönlichen Eigenschaften braucht man meiner Meinung nach
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auf jeden Fall mal Neugier.
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Das ist das Wichtigste.
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Soziale Ader und immer eine Skepsis, also Kritik.
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Auch Fähigkeit, dass man selbst Kritik annimmt und aus konstruktiver Kritik lernt.
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Aber dass man alles kritisch hinterfragt.
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Und Sturheit, Zielstrebigkeit ist auch ganz wichtig.
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Es wird immer wieder Durststrecken geben, wie in jedem Beruf.
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Wir Journalisten sollten kritisch, und zwar von allen Seiten kritisch
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meiner Meinung nach das begleiten
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und den Menschen eine Hilfestellung bieten, dass sie die Welt sehen.
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Man spricht nicht umsonst von der 4. Säule im Staat.
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Man muss ja informiert sein, um eine informierte
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und selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können.
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Und man kann nicht von einem Menschen, der 40 Stunden arbeitet,
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dann nach Hause kommt und seine Kinder zu versorgen hat,
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verlangen, dass der die ganze Welt versteht.
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Das ist unser Job.