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Die Geschichte
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vom tapferen Schneiderlein kennt eigentlich jedes Kind.
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Ich habe gehört, dass Schneidergesellen und Schneider-
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Lehrlinge schon gesuchte Leute sind.
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Ich werde mich in einem Wiener Modeatelier
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einmal umhören.
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Darf ich kurz bei der Arbeit stören?
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Gerne, ja!
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Was machen Sie denn hier gerade?
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Was entsteht hier?
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Das wird der Futterrock für ein Brautkleid,
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wir müssen jetzt ein Brautkleid fertig machen,
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und die Kundin kommt morgen und holt sich’s ab.
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Und das ist der Rücken-
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Teilschnitt für den Rock.
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Das wird ein ganz ein langer Rock.
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Und da schneide ich gerade aus dem Futter
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den Rockteil zu.
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Ist es nicht schon selten geworden,
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dass man jetzt das alles per Hand macht?
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Also in unserem Gewerbe ist es so üblich.
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Ich bin klassische Schneiderei.
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Da macht man das so, wir sind kein Industriebetrieb,
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sondern wir nähen im Hier vor Ort in der Werkstatt.
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Aber es gibt natürlich immer weniger Schneider,
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das ist schon richtig. Weil einfach der Preis ja viel höher ist
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wenn ich das mit der Hand machen muss und alles genau bezeichnen,
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als wenn das in der Industrie durchgeradelt wird.
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Und die machen 100 Brautkleider und ich mache jetzt ein Brautkleid
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und sein Brautkleid braucht so circa zwischen 30 und 40 Stunden.
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Wenn ich bei Ihnen
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anfangen möchte, was müsste ich da für Voraussetzungen mitbringen?
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Welche Ausbildung?
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Voraussetzungen,
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eigentlich nur modisch interessiert und geschickt.
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Da muss man geschickt sein in dem Beruf.
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Weil man einfach viel mit den Händen macht.
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Und man muss auch logisch denken können, weil auch in der Schneiderei
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gibt es einfach gewisse Abläufe.
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Es gibt für jedes Modell oder für jede Fertigung einen Ablauf.
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Ich beginne so und ende dann so, das heißt,
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man muss praktisch logisch denken können, geschickt sein
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und interessiert sein, weil die Schneiderei aus so vielen verschiedenen Teilen besteht.
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Eben zum Beispiel,
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man muss sich auch auskennen, was sind das für Materialien?
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Wie kann ich prüfen, ob das eine wirkliche, also eine echte Baumwolle ist?
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Was sind das für Muster, die haben alle einen Namen.
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Es ist nicht nur eine Naht zusammennähen, wie viele glauben.
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Na ja, das ist eh nur ein Stückchen Stoff das wir zusammen nähen.
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Dem ist nicht so, weil
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die Endprodukte sollten ja dann auch so aussehen, dass man sie gerne trägt.
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Aber es ist ein sehr schöner Beruf. Weil das Tolle ist nämlich,
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so wie Sie gesehen haben, aus diesem geraden Stückchen Stoff
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entsteht dann etwas, das der Mensch anziehen kann.
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Die hohe Schneiderkunst, dieses Handwerk,
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ist das mehr ein Männerberuf oder ein Frauenberuf?
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Also gerade die Schneiderei ist überhaupt kein spezifischer Männer,
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oder Frauenberuf.
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Es gibt irrsinnig gute Schneiderinnen und es gibt irrsinnig gute Schneider.
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Und eigentlich, die meisten Modedesigner sind ja Männer,
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warum auch immer, weiß ich nicht, aber.
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Also es ist jetzt kein Unterschied, ob Mann oder Frau.
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Der Mensch muss geschickt sein, egal ob männlich oder weiblich.
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Was machen Sie da jetzt?
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Ich bin gerade dabei, Knopflöcher aufzuschlagen.
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Ich mache mir deshalb mit dem Eisen, weil es einfach sicherer ist.
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Wenn ich jetzt anfangen würde, mit der Schere herum zu schneiden
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kann’s leicht mal passieren, dass man daneben schneidet
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und dann ist es vorbei mit dem Knopfloch.
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Warum haben Sie sich für den Schneiderberuf entschieden?
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Ich habe eigentlich schon seitdem ich zwölf Jahre bin,
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angefangen zu nähen, habe mir selber Sachen geschneidert.
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Mir hat es einfach
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wahnsinnig Spaß gemacht, mit Stoffen umzugehen, in die Hand zu nehmen,
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die aufzurollen.
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Und plötzlich entsteht dann da ein Kleidungsstück draus.
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Was wird das hier?
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Das wird ein Brautgeld, das muss morgen fertig sein.
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Da sind jetzt noch einige Änderungen zu machen.
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Und wieso haben Sie sich für den Schneiderberuf entschieden?
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Ja, weil es mir einfach Spaß macht. Ich gehe gern mit,
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ich bin überhaupt handwerklich sehr, sag ich mal, glaube ich begabt.
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Ich bastle auch gern. Und dann,
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ja, glaube ich recht kreativ.
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Woran arbeiten Sie da jetzt?
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Ich arbeite jetzt gerade an Apothekerblusen.
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Da gehört der Schlitz aufgetrennt.
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Wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
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Im Grunde eigentlich genau so, wie alle anderen hier.
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Es macht mir Spaß, mit Stoffen zu arbeiten.
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Einfach das Endresultat.
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Und weil es individuell ist, denn jeder Mensch hat seinen eigenen Stil.
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Und genau das macht mir Spaß.
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Wie kommt man dann zur Kundschaft?
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Also geht da viel über Mundpropaganda wahrscheinlich.
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Stimmt. Also
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speziell am Anfang ist es nur Mundpropaganda.
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Man muss einfach die Sachen schön machen.
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Und dann werden auch die Kunden gefragt ‘Woher haben sie das’ und viele
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erzählen das auch weiter.
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Ganz am Anfang wird überhaupt nur der Familienkreis
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und der Verwandtschafts- und Bekanntschaftskreis benäht
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und das zieht dann einfach Kreise.
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Der eine empfiehlt den anderen
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und irgendwann, wenn man sich das leisten kann,
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macht man Modeschauen mit, eigene Modeschauen, Kollektionen,
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wenn man will, und wird dadurch auch ein bisschen bekannter.
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Und was verdient man da so?
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Also als Schneider in der Werkstatt, je nachdem, ob ich Geselle oder Meister bin
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zwischen 1.000 € und 1.600 € netto.
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Schneiderei ist kein Beruf, in dem man reich werden kann.
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Aber es ist ein schöner Beruf.